• Dirk Vogel - der Oberbürgermeisterkandidat für Bad Kissingen

Über Ausgabendisziplin sanieren wir Kissingen nicht

Bad Kissingen ist Kur, Schweinfurt ist Industrie. Diese Meinung geisterte viele Jahre durch Kissingen. Wir fanden uns ein Stück weit damit ab, dass unsere Gewerbesteuereinnahmen geringer als in vergleichbaren Städte liegen. Während wir 2017 rund 6,9 Mio. € hatten, konnte Kitzingen rd. 9,6 Mio. € und Herzogenaurach sogar rund 31 Mio. € vereinnahmen. Was würde Bad Kissingen mit 2,7 Mio. € oder gar 21 Mio. mehr pro Jahr machen? Sicher weniger, oder gar nicht, über aktuelle oder zukünftige freiwillige Leistungen diskutieren.

Wir brauchen Unternehmen vor Ort und gut bezahlte Beschäftige. Denn wir haben zu viele Pflichtaufgaben als Stadt, die uns keiner abnimmt, etwa die Kinderbetreuung und die Schulträgerschaft. Freiwillige Aufgabe, wie das Terrassenschwimmbad, in dem ich meine halbe Jugend verbracht habe, werden wir auch nicht schließen. Über Ausgaben allein lässt sich also Kissingens Haushalt nicht sanieren.

Früher „Magen-Darm-Herz-Stoffwechsel“ – und heute?

LABOKLIN, Labor LS, Heiligenfeld und die vielen kleinen und mittleren Betriebe in Kissingen und Umgebung zeigen, dass sich in Bad Kissingen Geld verdienen lässt. Wie können wir als Stadt bestehende Unternehmen beim Wachsen unterstützen und neue Unternehmen gewinnen? Viele sagen: das geht nicht. Ich sage, das geht, mit Wirtschaftsförderung und einem gesamtstädtischen Marketing.

Leider haben wir zu spät mit der professionellen Wirtschaftsförderung begonnen. Jetzt gilt es diese fortzusetzen und auch hier neue Akzente zu setzen. Merkmale einer erfolgreichen Wirtschaftsförderung sind für mich zuallererst das Kümmern um die bestehenden Unternehmen. Denn meistens wachsen existierende Unternehmen. Zudem kann Wachstum aus der intensivierten Zusammenarbeit zwischen mehreren Unternehmen entstehen. Wir sollten deswegen die Netzwerke fördern. Drittens gilt es, neue Unternehmen zu gewinnen. Einerseits können wir mit guten Schulen, niedrigen Preisen, einer intakten Stadtgesellschaft und schlauen Menschen argumentieren. Andererseits können wir mit unseren Unternehmen und deren Produkten und Dienstleistungen werben, denn daran knüpfen auch neue Unternehmen gern an.

Schlussendlich sollten wir das gesamtstädtische Marketing gemeinsam mit der Staatsbad GmbH weiter optimieren. Wie sehen unsere Zielgruppen aus? Wo leben sie – und wie? Was sind deren Erwartungen? Wo sind wir besonders gut? Im Bismarck Museum ist ein älteres Plakat zu sehen, das die Fragen mit „Magen-Darm-Herz-Stoffwechsel“ beantwortete. Und heute? Was würden wir darunter schreiben? Wir brauchen klare, einfache, stimmige und griffige Antworten und Aussagen auf diese Fragen.

Qualifizierungsoffensive: Jede(r) kann was

Früher waren ausschließlich Akademiker knapp. Heute herrscht Knappheit in allen Qualifikationsstufen. Als größtes Risiko gilt laut einer IHK-Sudie aus dem Jahr 2019 für die mainfränkischen Tourismusbetriebe der Fachkräftemangel (71 Prozent). Es müssen möglichst viele Schülerinnen und Schüler nach der Ausbildung in Bad Kissingen oder der Region bleiben oder wieder zurückkommem. Wir dürfen nicht ausschließlich für die Metropolregionen ausbilden.

Miteinander, statt nebeneinander: Clustermanagement als Innovationmotor

Aber: Ich will nicht nur die verbesserte klassische Wirtschaftsförderung. Ich will mehr. Ich will, dass unsere Unternehmen und Betriebe sich stärker vernetzen und zusammenarbeiten, damit neue Produkte und Dienstleistungen entstehen. Es hilft keinem, wenn wir uns um einen kleiner werdenden Kuchen streiten. Wir sollten gemeinsam einen größeren Kuchen backen.

Die Ressourcen sind da. Neben den zahlreichen Unternehmen vor Ort, etwa die großen Reha-Einrichtungen, sind mit dem neuen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, der Professur für Kurortmedizin und dem Zentrum für Telemedizin neue, spannende Organisationen in Bad Kissingen tätig: Zeit miteinander, statt nebeneinander zu arbeiten. Diesen gesamtstädtischen Innovationsprozess, manche sagen Clustermanagement, werde ich starten.

Kleine und mittlere Unternehmen und Unternehmer unterstützen

Ohne Unternehmer gibt es keine Kurpension, keine Gaststätten und keine neuen Unternehmen. Wir brauchen eine Kultur der Unternehmerschaft. Von Seiten der Stadt müssen Unternehmen offensiv begleitet werden. So werde ich jeden Kissinger Betrieb alle drei Jahre besuchen, sofern er dies möchte. Ich werde zusammen mit der IHK und dem Landkreis einen jährlichen Preis „Unternehmer des Jahres“ mit IHK und Handwerkerschaft initiieren. So könnte ich mir eine Art Kissinger Oskar für Wirtschaftsförderung vorstellen, analog der „Nacht des Sports“. Die Heiligenfeld GmbH erzielte in einer Studie im Bereich „Digital Marketing“ einen 1. Platz und zeigt so, dass es an würdigen Preisträgern nicht fehlt.

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